Neustadt – Donnerstag, 15:00 Uhr: Mit dumpf klopfenden Rotoren landet der Christoph 4 auf dem Landedeck an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die letzte Landung im aktiven Dienst für Volker Hubrich, leitender Johanniter-Notfallsanitäter und HEMS-TC (Helicopter Emergency Medical Services Technical Crew Member). Nach 37 Jahren Dienst in der Luftrettung beendet der 64-Jährige seine aktive Dienstzeit. „Ich bin schon so manchen Kilometer und Einsatz als HEMS-TC und Notfallretter geflogen“, sagt Hubrich. „Insgesamt sind dabei 18.212 Einsätze zusammengekommen.“
Das Engagement von Volker Hubrich für die Johanniter-Unfall-Hilfe hatte bereits 1977 als Zivildienstleistender in Hannover begonnen. Es folgte 1979 der Einritt als Rettungssanitäter in den damaligen Johanniter-Kreisverband Hannover-Stadt bevor er 1985 das erste Mal mit dem Christoph 4 abgehoben ist. Hubrich ist über die Grenzen von Hannover im Rettungsdienst bekannt, da der Christoph 4 im Umkreis von 50 Kilometern von Hannover und auch darüber hinaus, alarmiert wird.
Bei der Vielzahl an Einsätzen sind einige besonders in Erinnerung geblieben. 1986 war Hubrich am 23. Dezember an der Rettung eines Kindes aus dem Steinhuder Meer beteiligt, dass 30 Minuten unter dem Eis getrieben hatte. „Wir haben vom über dem Wasser schwebeneden Hubschrauber aus das Eis gebrochen und das Kind unter Reannimation in die MHH geflogen. Es hat ohne bleibende Schäden überlebt“, erinnert sich Hubrich. Aber auch traurige Momente begleiteten den Luftretter durch die vielen Einsätze. So sind das schwere ICE-Unglück in Eschede mit vielen Toten, schwerste Verkehrsunfälle und nicht erfolgreiche Reanimationen Teil seines bewegten Berufslebens, das von technischen Weiterentwicklungen geprägt war.
„Seit ich 1985 erstmalig in den Christoph 4 gestiegen bin, hat sich viel verändert“, sagt Hubrich. Allein in der technischen Ausstattung der Maschine habe es einen Quantensprung gegeben. Auch die medizinische Ausstattung sei revolutioniert worden – Beatmungsgeräte, kabellose EKGs – die Helikopter haben sich zu einem fliegender Behandlungsraum entwickelt. Und nicht zuletzt hat sich die Ausbildung der fliegenden Retter verändert. Und ganz unschuldig ist der ausscheidende HEMS-TC daran nicht. Zusammen mit Kersten Enke von der Johanniter-Akademie hatte er die Idee eines Hubschraubersimulators zur Ausbildung von fliegendem medizinischem Personals. Geboren war das Projekt Christoph Life, dass mit Unterstützung auch prominenter Niedersachsen umgesetzt worden ist. Seit 2009 werden an der Johanniter-Akademie am Christoph Life-Simulator Notärzte und Notfallsanitäter für die Luftrettung unter möglichst realen Bedingungen für den Ernstfall ausgebildet.
„Mit Volker Hubrich geht ein Urgestein aus dem aktiven Dienst, der als Person die ganzen Jahre als das Synonym bei den Johannitern für Rettungshubschrauber stand. Das zeugt von großer Zuverlässigkeit und Qualität. Wir danken Volker Hubrich für die vielen Jahre der Zusammenarbeit und sein Engagement in der Luftrettung. Darüber hinaus hat er zudem über Jahrzehnte Nachwuchs in der Johanniter-Akademie ausgebildet und sein Wissen weitergegeben“, sagt Hannes Wendler, Mitglied im Landesvorstand der Johanniter des Landesverbandes Niedersachsen/Bremen.
Doch jetzt heißt es für Volker Hubrich seine Flugstiefel an den Nagel zu hängen. Nach der Landung des Christoph 4 drückt der 64-Jährige im Hubschrauber noch einmal die Taste für den Status 6 – das Signal für die Rettungsleitstelle: „Gehen außer Dienst!“
NCN/nh