Runder Tisch A2: Interkommunale Lösungen dringend benötigt

Der Neubau des Amazon Sortierzentrums sorgt für viel Gesprächsstoff (Foto: NCN)

Neustadt – Welchen Einfluss hat der Betrieb eines neuen Logistikzentrums des Online-Versandhändlers Amazon in Garbsen auf den Schwerlastverkehr im Neustädter Land? Inwieweit hat ein Stau auf der Autobahn 2 Auswirkungen auf den Verkehrsfluss in Neustadt, Wunstorf, Garbsen und Seelze? Diese und weitere Fragen stehen im Fokus eines „runden Tisches A2“, an dem auch
Neustadts Bürgermeister Uwe Sternbeck und Mitarbeiter der Stadtverwaltung beteiligt sind.

Vertreter der vier genannten Kommunen, der Region Hannover, der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr sowie der Polizei sollen an dem Projekt mitwirken und erarbeiten, welche Maßnahmen gemeinsam ergriffen werden können, um Autobahn-Ausweichverkehre künftig besser lenken zu können. Der von den Bürgermeistern Christian Grahl (Garbsen) und Rolf-Axel Eberhardt (Wunstorf) gemachte Vorstoß hängt mit dem Bau des neuen Amazon-Sortierzentrums zusammen, durch den eine weitere Zunahme des Schwerlastverkehrs in Garbsen, aber auch den umliegenden Kommunen zu erwarten ist. „Wir brauchen für die Führung des Schwerlastverkehrs gemeinsame, interkommunale Lösungen. Nur so können wir verhindern, dass Lastwagen chaotisch durch die Gegend fahren. Umleitungsverkehre machen schließlich nicht an der Stadtgrenze Halt“, sagt Benjamin Gleue, Verkehrskoordinator der Stadt Neustadt.

Hintergrund: Im kommenden Herbst nimmt das Amazon-Logistikzentrum an der Burgstraße seinen Betrieb auf. Am in unmittelbarer Nähe zur A2-Abfahrt Garbsen gelegenen Standort werden künftig Waren für den Weitertransport innerhalb Deutschlands und ins europäische Ausland kommissioniert. Dann steuern täglich mehrere hundert Lastwagen den Standort an oder fahren von diesem ab. Laut einem am Dienstag im Garbsener Rathaus vorgestellten Verkehrsgutachten werden im Logistikzentrum täglich gut 300 LKW-Fahrten erwartet, im November/Dezember 500-LKW-Fahrten täglich und an Spitzentagen bis zu 900-LKW-Fahrten. Hinzu kommen täglich rund 1900 PKW-Fahrten durch die ca.1400 Beschäftigten.  Von möglichen Auswirkungen auf das Neustädter Land ist im Gutachten übrigens nichts zu finden, da sich dieses ausschließlich auf den Verkehr vor Ort konzentriert. Wie sich der Amazon-Verkehr bei Stau oder Baustellen auf der A2 verhält wurde ebenfalls nicht untersucht.

Zwar tangiert die Amazon-Verkehrsthematik das Neustädter Stadtgebiet nicht in der Größenordnung wie Garbsen und Wunstorf, aber auch hier werden die Auswirkungen durch den LKW-Mehrverkehr spürbar sein. Vor allem in den Ortschaften Poggenhagen, Neustadt, Bordenau und Otternhagen könnte es bei Störfällen auf der A2 oder der Bundesstraße 6 zu verkehrlichen Mehrbelastungen kommen. Sobald beispielsweise auf der B6 zwischen Garbsen und Himmelreich eine Baustelle eingerichtet wird, ist Ausweichverkehr vorprogrammiert.

Zur Erklärung: Bei Normalbetrieb und intakter Infrastruktur besteht für das Neustädter Land nur bedingt ein Problem, da der aus Norden kommende und in Richtung Norden abfahrende Amazon-Lieferverkehr über die B6 ab/bis Garbsen-Gutenbergstraße fahren wird. Doch was geschieht, wenn auf der B6 bei Frielingen mal eine Großbaustelle mit entsprechendem Rückstau eingerichtet wird oder eine Brücke im B6-Verlauf – wie aktuell die Leinebrücke bei Neustadt – für Schwerlastverkehr gesperrt wird? Allein diese beiden Szenarien hätten erhebliche Auswirkungen auf die Straßen im Neustädter Stadtgebiet.

Beispiel – Lieferverkehr zwischen Garbsen und Bremen (beide Richtungen): Die reguläre Fahrzeit von Garbsen/Burgstraße via B6 bis zur Höhe der B6-Auf- und Abfahrt Himmelreich beträgt bei intakter B6 etwa 20 Minuten (rund 18 Kilometer). Nur rund 8 Minuten länger (24 Kilometer) benötigt der LKW, wenn er stattdessen in Garbsen auf die A2 in Richtung Westen auffährt, die Autobahn bei Luthe wieder verlässt und von dort aus via Blumenau, Liethe, Poggenhagen und Neustadt bis zur B6-Auffahrt Himmelreich fährt – bei etwaigen Verkehrsproblemen auf der B6 ist also davon ausgehen, dass die Route über die Dörfer zur Dauerstrecke wird.

Die Neustädter Stadtverwaltung wird im Arbeitsprozess des runden Tisches darauf drängen, nicht ausschließlich die Auswirkungen der A2-Probleme zu behandeln. „Die A7, die A352 und die B6 müssen zwingend in die Betrachtungen aufgenommen werden. Sobald es auf einer dieser Strecken zu Baustellen kommt, hat dies nicht unerhebliche Auswirkungen auf viele andere Straßen“, sagt Gleue. „Wir sehen ja quasi täglich, wie sich die Großbaustelle auf der A7 bei Berkhof im Neustädter Land bemerkbar macht. Lastwagen, die beispielsweise zwischen Hamburg und Garbsen unterwegs sind, suchen sich andere Wege – und einer davon führt nunmal von Schwarmstedt aus über Nienburg (B6), Neustadt (B442) und Wunstorf bis zur A2.“

NCN/jh