Neustadt – Die Braunschweigerin Carola hat Krebs – und wird wohl nicht mehr lange leben. Mit dem ASB-Wünschewagen ist sie jetzt noch einmal an ihren Sehnsuchtsort gefahren: den Reitstall Kather in Gielde. Dort durfte sie auf Therapiepferd „Anton“ ein letztes Mal im Sattel sitzen.
Ein letztes Mal die tiefe Verbundenheit spüren, die sie beim Berühren eines warmen Pferdekörpers früher immer gefühlt hat. Einmal noch diesen ganz besonderen Duftmix von Tier und Stroh einatmen, vielleicht sogar noch einmal im Sattel sitzen – das hat sich die 57-jährige Carola von ganzem Herzen gewünscht. Alleine hätte sich der Hospizgast aus Braunschweig nicht mehr auf den Weg in den Reitstall nach Gielde machen können – zu weit ist die schwere Krebserkrankung inzwischen fortgeschritten, zu sehr haben die Kräfte schon nachgelassen, zu klein ist vielleicht auch der Mut für diesen letzten, anstrengenden und zugleich so emotionalen Ausflug. Wie gut, dass das Hospizteam den Herzenswunsch wahrgenommen und am Montag an das Team vom Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bundes Niedersachsen e.V. (ASB) in Hannover weitergeleitet hat. Das organisierte innerhalb weniger Stunden den besonderen Ausflug, suchte und fand mit Rettungssanitäter Marc-Oliver Berndt und Medizinstudent Severin Bünemann geeignete ehrenamtliche Wunscherfüller, die am Mittwoch Carola gemeinsam mit ihrer Schwester Sandra und Freundin Bärbel in den nur rund 34 Kilometer entfernten Reitstall Kather begleiteten und sich unterwegs um die pflegerisch-medizinische Versorgung ihres Gastes kümmerten.
Ein regelrechtes Empfangskomitee erwartete die 57-Jährige in Gielde: Pferde, Hunde, Reiterinnen – alle sind gekommen, um Carola einen ganz besonderen Wunschtag möglich zu machen. Deren anfänglich etwas angestrengtes Gesicht überzog innerhalb weniger Sekunden ein rosiger Schimmer. Beim Anblick von Haflinger „Anton“ leuchteten ihre Augen! Einen Apfel hatte sie dem Haflinger mitgebracht, erzählte der ASB-Crew: „Noch einmal ein Pferd füttern – darauf habe ich mich sooo gefreut!“. Schnell kamen sich Wünschewagen-Fahrgast und Pferd näher. Beschnuppern, berühren, anschauen – alles war möglich. Und dann wagte Carola mit Hilfe des engagierten Reitstallteams das, was der zarten Frau wohl niemand mehr zugetraut hätte: Sie sammelte alle Kräfte, schwang sich tatsächlich noch einmal in den Sattel. Hoch zu Ross ließ sie sich von Reittherapeutin Diana Dette 45 Minuten lang durch die Reithalle führen, riss jubelnd die Arme in die Luft, strahlte, kuschelte ihren Kopf an den weichen Pferdehals. Und war sichtlich stolz, als ihr Reitstall-Chefin Ela Kather schließlich eine „spitzen Haltungsnote“ bescheinigte.
Einen Sekt ließen sich Carola und ihre Begleiterinnen noch schmecken, dann ging es für die besondere Reisegruppe weiter: Reiten macht hungrig! Und so wünschte sich Carola einen spontanen Zwischenstopp in ihrem Lieblingsrestaurant „Deniz“ in Braunschweig, ließ sich dort warmes Brot und Salat schmecken. Schwester Sandra ist erleichtert und überrascht zugleich: „Ich hatte solche Angst, dass Carola heute zu schwach ist oder das alles ganz schnell gehen muss, wahnsinnig stressig wird. Stattdessen wird uns jeder noch so kleine Wunsch erfüllt – das ist einfach wunderbar“, bedankte sie sich bei den ASB-Wünscherfüllern. Nach dem Essen der nächste Halt: Auf in den Friedwald Cremlinger Horn. Dort will Carola eines Tages bestattet werden. Von Friedwald-Chefin Dorothee Borkam, die sich extra Zeit für den Wünschewagen-Fahrgast genommen hatte, alles ganz genau zeigen.
Am Ende eines langen Tages ging es wieder zurück ins Hospiz. Zum Abschied sagte Carola zu den ASB-Wunscherfüllern: „Ich hatte eine tolle Zeit. Ihr habt mir meinen Tag einfach perfekt gemacht. Ich werde euch liebenswerten Menschen für immer in meinem Herzen tragen!“ Ein Dank, das ganz sicher auch an die engagierten Zwei- und Vierbeiner vom Reitstall Kather gilt.
NCN/Cu