Die Bearbeitung des Neustädter Urkundenbuchs geht weiter

Bearbeitung des Neustädter Urkundenbuchs /Foto: Archiv der Region Hannover /HAZ

Neustadt – Die ersten beiden Bände des Urkundenbuchs des Neustädter Landes sind in den Jahren 2002 und 2008 im Druck erschienen. Sie enthalten die Urkunden aus der Zeit zwischen 889 und 1388. Die jüngeren Urkunden bis 1600 sollen, wie der Herausgeber Dr. Hubert Kellner im Vorwort ankündigte, in einem weiteren Band veröffentlicht werden. Dieser Aufgabe widmen sich nun die beiden pensionierten Neustädter Historiker Dr. Werner Besier und Dr. Hubert Höing.

Bei der Erfassung der infrage kommenden Dokumente stießen sie im Stadtarchiv auf eine mehrteilige Urkunde aus dem Jahre 1619. Im Vorspann dieser Urkunde erzählt der Aussteller, Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig-Lüneburg (1591-1634), der in Wolfenbüttel residierte und von dort aus auch das Fürstentum Calenberg samt der Stadt Neustadt regierte, warum es zur Ausstellung dieser Urkunde kam. Er berichtet, dass die Stadt Neustadt an ihn mit der Bitte herangetreten sei, die Privilegien, die der Stadt Neustadt am Rübenberge von seinen Vorfahren erteilt und beim Stadtbrand von 1609 vernichtet worden waren, zu erneuern und zu bestätigen.

Die Bestätigungsurkunde von Herzog Friedrich Ulrich für die Stadt Neustadt von 1619 (Foto: Archiv der Region Hannover).

Der Stadtbrand, über den wir auch durch eine weitere Quelle aus dem Stadtarchiv unterrichtet sind, brach am 7. September 1609 durch Unachtsamkeit eines Nagelschmiedes vor dem Leintor aus. Von dort verbreitete sich die Feuersbrunst über die Leinstraße, über die Windmühlenstraße und weiter über die ganze Stadt. Auch das Rathaus ging in Flammen auf; alle Privilegienbriefe und andere wichtige Papiere wurden Opfer der Flammen. Zu den Verlusten gehörte auch das Stadtbuch, in dem die privaten Grundstücksveräußerungen und die Namen der Neubürger, die Eidesformeln der Amtsträger und die Aufnahmegebühren der Gilden verzeichnet waren. Der Brand hat also das gesamte Stadtarchiv, das ja dem Nachweis der Rechte der Stadt und ihrer Bürger diente, vernichtet. Für die Verwaltung bedeutete dies eine Katastrophe, die uns an die Folgen der Cyberattacke auf die Stadtverwaltung im Herbst 2019 erinnert, als alle Daten der Verwaltung von Unbekannten gesperrt wurden.

Das Stadtbuch musste 1609 neu angelegt werden; das neue Stadtbuch ist das älteste Schriftstück im heutigen Stadtarchiv (und wurde von da an kontinuierlich bis 1914 geführt). Die älteren Privilegienbriefe mussten, soweit wie möglich, neu beschafft werden. Deshalb wandte sich 1619 die Stadt an den Landesherrn in Wolfenbüttel, der dafür sorgte, dass die Privilegien anhand der Unterlagen des herzoglichen Archivs rekonstruiert, abgeschrieben und bekräftigt wurden. So kommt es, dass zwölf städtische Privilegien der Jahre 1371 bis 1557 in beglaubigter Abschrift überliefert sind. Die Urkunden von 1371 und 1388 werden nun wohl im 3. Band als Nachtrag zum 2. Band abgedruckt.

Der Brand des Brauhauses im Januar 2019 /Foto: HAZ

Der Brand von 1609 blieb nicht der einzige, der die Stadt in Schutt und Asche legte. Schon für 1649 und dann 1671 verzeichnet die städtische Chronik weitere Großfeuer. Am schlimmsten wütete jedoch der Brand von 1727, als insgesamt 117 Gebäude zerstört wurden. Beim Wiederaufbau wurden erstmals größere Abstände vorgeschrieben, die in neuerer Zeit vielleicht Schlimmeres verhindert haben, als zu Anfang des Jahres 2019 in der Leinstraße ein nächtliches Feuer ausbrach. Eines der ältesten Häuser der Stadt, das Brauhaus, brannte bis auf die Grundmauern nieder. Durch die enge Bebauung waren auch die Häuser in der Nachbarschaft vom Feuer bedroht. Dank schneller Hilfe und des Einsatzes von 130 modern ausgestatteten Feuerwehrleuten wurde die Ausbreitung jedoch verhindert.

Das Neustädter Stadtarchiv wird im Archiv der Region Hannover im Schloss Landestrost verwahrt. Wenn der 3. Band des Urkundenbuchs fertig ist, wird die schriftliche Überlieferung des Mittelalters, die beim Brand von 1609 vernichtet wurde, weitgehend rekonstruiert werden können.

NCN/la