Branchenumfrage: Windkraftstandort Neustadt bleibt gefährdet

Peter Shub (Foto: Daniel M. Grafberger)

Neustadt – Eine Branchenumfrage zeigt, dass der Windenergieausbau in der Region Hannover derzeit massiv blockiert wird. Auch Minister Olaf Lies appellierte bereits im Januar in Neustadt, optionale technische Lösungen zu suchen.

Aus den Zahlen der im Juli veröffentlichten Umfrage ergibt sich, dass der Raum Hannover der mit großem Abstand am stärksten betroffene Raum in Deutschland ist.

Denn im Umkreis von Hannover befinden sich gleich zwei Drehfunkfeuer der Deutschen Flugsicherung, die den Bau oder das Repowering von besonders vielen Windenergieanlagen blockieren: das Drehfunkfeuer (VOR) Nienburg blockiert 101 Anlagen, fast ebenso viele das Doppler-Drehfunkfeuer (DVOR) Leine bei Sarstedt mit 100 Anlagen.

Auch im Neustädter Land können derzeit in einem Radius von 15 Kilometern um das VOR Nienburg weder neue Windkraftanlagen errichtet, noch alte Anlagen repowert werden.

Mit Hinweis auf die Flugsicherheit verweigern das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherheit bzw. die Deutsche Flugsicherung die Genehmigung.

Bereits im Januar informierte sich der niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Olaf Lies, vor Ort über die Situation.

Gemeinsam mit Bürgermeister Uwe Sternbeck, dem Chef der Klimaschutzagentur, Udo Sahling, sowie dem Sprecher der Planerallianz, Alexander Jäger-Bloh, drang er auf Lösungen. Jäger-Bloh erläuterte bei dem Termin:

„Durch die Verweigerung werden hier derzeit 450 Gigawatt Strom pro Jahr nicht erzeugt. Damit könnten 130.000 Haushalte mit Strom versorgt werden.“

Drehfunkfeuer zählen zu den konventionellen Funknavigationshilfen für Luftfahrzeuge. Der Pilot sei mit diesen und weiteren Navigationsanlagen in der Lage sogenannten Instrumentenflugverfahren zu folgen, schrieb Dr.-Ing. Ferdinand Behrend im März in seiner Stellungnahme zur betrieblichen Situation des Luftraums Hannover.

„Bereits 2014 wurde für den Flughafen Hannover das sogenannte Point-Merge Verfahren als Anflugrouten-System eingeführt, welches ausschließlich Flächennavigation ohne VOR/DVOR verwendet“, so Behrend weiter.

Zwar müssten auch konventionelle Verfahren vorgehalten werden, die Notwendigkeit der Anlagen müsse aber insbesondere in Hinsicht auf ihre Anzahl überprüft werden. „Wir appellieren an das Bundesministerium hier optionale technische Lösungen zu suchen“, forderte so auch Minister Lies im Januar.

Bürgermeister Sternbeck betonte bei dem Termin indes den Wirtschaftsfaktor Windkraft für die Region und forderte internationale Standards für die Flugsicherung auch in Deutschland einzuführen. Kein anderes Land lege so große, nicht nachvollziehbare Schutzradien zugrunde, erläuterte er.

Auf die aktuelle Branchenumfrage reagierte Sternbeck so auch wenig überrascht und setzt darauf, dass die Zahlen die Forderungen der Landesregierung untermauern:

„Sowohl für den Klimaschutz in der Region als auch im Sinne des Wirtschaftsstandorts Neustadt hoffe ich, dass die Forderungen des Umweltministeriums nun nicht länger verhallen. Der Bundesverkehrsminister Scheuer muss endlich handeln.“

NCN/kk